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Detlef Fluch
Dokumentarfilmproduktion

“Film ist eher eine Methode, die Dinge in einen Zusammenhang zu stellen, als eine Geschichte zu erfinden: Die Erneuerung des Auges.” Johan van der Keuken

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Sparsam...
Über die Finanzierung von Dokumentarfilmen

Das klingt gut für Filmemacher, wenn der NDR-Intendant Jobst Plog verkündet: ‘Für jede Sendeminute bezahlt der NDR durchschnittlich 3.500 €.’

Damit könnte man einen schönen Dokumentarfilm machen. Leider ist der Betrag eben nur ein Durchschnittswert. Einiges ist viel teurer: Sport 8.800 €, Unterhaltung 4.700 €, anderes billiger: Spielfilme 3.300 €, Tagesschau 2.800 €, Kultur 1.800 €. Und nochmal deutlich billiger sind Auftragsproduktionen für Dokumentationen und Reportagen. Je nach Aufwand und Verhandlungsgeschick gibt es dafür 700 - 1.500 €.

Mal kurz durchgerechnet für eine Auslandsreportage sieht das so aus (die nachfolgende Kalkulation hat der auftraggebende Sender so genehmigt): Für 30 Minuten Film gibt es 45.000 €. Davon geht erstmal die Mehrwertsteuer ab, die ist nämlich inbegriffen (7%, weil es ein künstlerisches Produkt ist). Bleiben 42.056 €.

Für die Honorare werden dann 17.100 € ausgegeben, das sind im einzelnen: Autor/Regisseur 7.000 €, bei 10 Tagen Dreharbeiten der Kameramann 2.400 €, Tontechniker 1.500 €, Producer vor Ort 1.200 €, Dolmetscher 1.200 €, ein Cutter für 10 Tage 2.000 €, Sprecher 500 €, Übersetzung vom Rohmaterial 800 €. Zusätzlich dazu muss bei Honoraren für künstlerische Tätigkeiten noch eine Künstlersozialabgabe an die Künstlersozialkasse abgeführt  werden, das sind etwa 3,5% der Honorare, in diesem Fall also 500 €.

Die Reisekosten (für 4 Personen Flüge, Hotel, Mietwagen, Spesen) betragen insgesamt 10.000 €.

Die Technik kostet insgesamt 6.200 €. (Das sind 3.000 € für die Kameratechnik, 2.500 € für den Schnittplatz und 700 € für Bandmaterial.)

Dazu kommen dann noch Vorkosten (Büro, Telefon, Visa etc.) mit 300 €, Senderechte für einige Minuten Archivmaterial mit 1.700 €, Drehgenehmigungen und Gebühren 1.000 €, Versicherungen 800 €, Bankbürgschaftskosten (sonst gibts vorab kein Geld vom Sender) 400 €.

Auf die bisher errechnete Summe (37.500 €) dürfen nun noch 6% Handlungskosten (für Unvorhergesehenes und Bestechungsgelder) aufgeschlagen werden, das sind 2.250 € und schliesslich darf auch die Produktionsfirma noch 6% Gewinn machen, also ebenfalls 2.250 €. Und damit sind die 45.000 € Gesamtbudget verplant.

Dafür, dass so eine Produktion bis zur endgültigen redaktionellen und technischen Abnahme etwa sechs Monate dauert, ist das nicht allzuviel. Zudem müssen die Beteiligten ihre Honorare noch selbst versteuern, sowie Krankenkasse und Sozialabgaben zahlen.

Immerhin gibt es ein Zubrot: Urheber (für Wortbeiträge und Kamera, sowie Produktionsfirmen) erhalten von Verwertungsgesellschaften (VG-Wort, VG-Bild und für Produzenten die VFF) noch Entgelte für öffentliche Aufführungen. Das sind einige hundert Euro, je nach Sender, Sendeplatz und Anzahl der Wiederholungen. Damit aber zumindest der Produzent nicht zuviel daran verdient, haben die Sendeanstalten in die Verträge für Auftragsproduktionen noch einen Passus eingefügt:
Der Produzent ist berechtigt und verpflichtet, einen Vergütungsanspruch aus § 54 in Verbindung mit § 94 UrhG gegenüber Dritten im eigenen Namen geltend zu machen. Der Produzent beteiligt die auftraggebende Sendeanstalt mit 50 % an den sich nach Satz 1 ergebenden Erlösen. Kurzgesagt, der Produzent ist verpflichtet, seine Sendungen bei der GFF anzumelden und von den dadurch erhaltenen Entgelten die Hälfte an den Sender abzugeben. Das ist sicherlich eine grosse Entlastung für die Sender.

Weitere Finanzierungsquellen für die Sender tun sich auf mit einer Klausel in den Standardverträgen:
Der Produzent überträgt der auftraggebenden Sendeanstalt die urheberrechtlichen Nutzungsrechte, Leistungsschutzrechte und sonstigen Rechte gemäss § 1 der beigefügten allgemeinen Bedingungen nach folgender Massgabe: a) sprachlich nicht beschränkt, b) örtlich nicht beschränkt, c) zeitlich nicht beschränkt, d) sachlich nicht beschränkt.
Das heißt, der Sender kann den Film jederzeit wiederholen, auf Video/DVD herausbringen, ins Internet stellen und Sende- oder Verleihrechte verkaufen. Das heißt auch, der Produzent muss eine Genehmigung einholen, wenn er den Film etwa auf einem Festival zeigen will. Vor allem heißt es aber, egal was der Sender mit dem Film macht, es gibt keine weiteren Entgelte mehr für Produzenten oder Regisseure, also auch keine Wiederholungshonorare. Wenn nun der obengenannte Film zehnmal gezeigt wird, kostet den Sender die Sendeminute nur noch preisgünstige 150 €. Das ist wahrlich ein sparsamer Umgang mit Rundfunkgebühren.

Mehr zur Sparsamkeit der öffentlich-rechtlichen Sender findet sich in einem Artikel der “Zeit” vom 23.05.2013:  Gefräßige Anstalten

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